VALENT HEUTE:
Liebe Frau Arns,
letzte Woche habe ich mir gedacht, daß ich Ihnen zu Valents zweitem
"Geburtstag" am 04. Februar schreiben und eine kleine Spende für die
Katalanen überweisen werde. Ich verfolge natürlich sehr genau, was sich
in Spanien tut.
Der Grund dafür, daß ich mich so lange nicht gemeldet haben, ist zum
einen der, daß ich davon ausging, Sie würden genug Post bekommen. Und
zum zweiten, daß man über Valent nicht einfach nur kurz schreiben kann.
Ehrlich gesagt, könnte ich schon Bücher schreiben.
Wäre Valent unser erster "Problemhund" gewesen, hätten wir sicherlich im
Laufe des letzten Jahres kapituliert. Aber wir hatten ja schon einmal
einen "traumatisierten" Hund.
Wir sind soweit, daß wir uns einfach immer vorstellen, wir hätten einen
Menschen von Amnesty International übernommen. Oft können wir
nicht nachvollziehen, was ihn ängstigt, wovor er panisch davonläuft oder
ein Geschrei macht, als ob es um Leben und Tod ginge.
Wir wissen, daß er Metall, Brücken und Männer haßt. Er fällt meinen Mann
immer noch jeden Abend an, wenn der spät heimkommt. Sagt der ihm dann
gebetsmühlenartig "Ich bin's doch, der Papa!", hört er irgendwann wieder
auf. Es ist also sehr schlimm, wenn er schläft.
Er hat gute Tage, da kann er prima Treppen steigen und erreicht
problemlos seinen Futternapf in der Küche.
Es gibt aber auch Tage, da kann er nicht über Fliesen gehen und nicht
von einer zur anderen Straßenseite.
Gestern, am Sonntag, war ich in den Weinbergen spazieren und habe einen
Bekannten getroffen. Wir haben uns kurz unterhalten und der Hund war weg
(großer, dunkler Mann). Normalerweise wartet er dann irgendwo auf mich,
gestern aber ist er eine große Strecke alleine heimgelaufen und lag vor
der Haustür in der Sonne, froh mich zu sehen, als ich kam.
Heute abend schreibe ich hier oben und er sitzt unten vor der Treppe und
jammert. Ich bin gerade hinuntergegangen und habe ihm gezeigt, daß
Christian vor dem Fernseher sitzt, dort liegt er nun auch.
Er macht mich manchmal ganz verlegen, weil er uns so sehr zeigt, wie
sehr er uns liebt und vertraut.
Und am nächsten Tag sitzt er wie ein bockiger Esel auf der Straße und
traut mir nicht zu, einen Übergang zu finden..
An Heiligabend waren wir im Allgäu. Valent und Peter haben eine Runde
gedreht, ich war einkaufen. Als ich zum Haus zurückkam, hielt gerade ein
Auto, mein Mann stieg aus, auf den Armen den Hund, der lauthals schrie.
Ihm war ein Stück Holz auf die Pfote gefallen, sie blutete ein wenig.
Wir haben die Pfote gut verbunden und einen Schutzschuh gekauft,
Valent hat sich trotzdem geweigert, die nächsten Tage auch nur ein
kleines Stück zu laufen.
Valent hat am linken Hinterbein eine Kniearthrose. Er bekommt Rimadyl,
das verträgt er gut. Wenn er nicht springen kann, hebt ihn mein Mann ins
Auto. Manchmal schreit er dann wie am Spieß, nach zwei Minuten und etwas
Massage ist es wieder gut.
Wir haben einige Tierärzte schon verschlissen, der jetzige sagt, Hunde
hätten wie Menschen ein Schmerzgedächtnis; deshalb brüllt Valent wegen
jeder Lappalie wie am Spieß.
Valent hat so gut wie keinen Fettstoffwechsel, vermutlich hat seine
Leber durch die Leishmaniose doch etwas abbekommen.
Sobald er gefüttert wird, setzt er sofort an. Er hat Fettgeschwülste am
Hals und unter dem Bauch. Wir haben versucht:
Trockenfutter (kann er wegen seiner gebrochenen Kiefer nicht gut
beißen),
Naßfutter (davon bekamm er solche Blähungen, daß er dalag wie ein
Zeppelin),
Rohfleisch vom Carnivorenservice (mochte er nicht)
und auf Anraten einer konsultierten Tierklinik Dinkelnudeln mit
Sauerkraut (mochte er auch nicht).
Jetzt bekommt er immer ein bißchen gekochtes Fleisch mit Hüttenkäse,
Karotten, etwas Distelöl und ein paar Zusatzstoffen.
Wir haben ihm schon Theophyllin (ein bronchienerweiterndes Mittel gegen
Asthma), Sortis (das beste, was es auf dem Blutfettsenkermarkt gibt) und
Fischölkapseln gegeben.
Zwischenzeitlich, also eigentlich an Neujahr, haben wir beschlossen, daß
wir ihn von nun ab so wenig wie möglich mit Untersuchungen, Blutabnahmen
und Röntgenstrahlen quälen werden.
Wie man bei uns im Schwäbischen sagt: "Wir verbrauchen ihn einfach so,
wie er ist!"
Sicher ist, daß er schon Fürchterliches mitgemacht haben muß, er hat
keinen Knochen im Leib, der nicht schon mal gebrochen war und seine
Ohren sind wie schlecht geschnittene Puzzleteile.
Aber sicher ist auch, daß er angekommen ist, daß er unser Hund ist und,
daß er trotz allem gerne lebt.
Ich schicke Ihnen eine Spende; ich wollte sie eigentlich dem armen Claus
widmen, aber der lebt ja nicht mehr.
Herzliche Grüße und bis bald einmal Ihre Anja, Peter, Christian und
Valent Patzelt aus Fellbach





ich
wollte Ihnen nur ganz kurz berichten:
Wahrscheinlich wird Valent ein ganz wunderbarer Hund werden, wenn
er
sich etwas sicherer fühlt. Bis jetzt hat er noch viele verschiedene
Ängste, Straßen, Autos, Treppen und manches andere.
Er ist
nur lieb, schläft nachts in seinem Korb wie ein Baby (nein, besser
als
ein Baby), läßt ein röhrendes Gegurgel hören, wenn morgens die
Zeitung kommt und freut sich über jeden Menschen und jeden anderen Hund.
Valent
hat zwischenzeitlich schon wunderschöne, klare Augen,
die
Bindehautentzündung ist bestimmt überstanden.
Die
Tabletten halten noch zwei Tage, erst wollte ich dann in die
Tierklinik - aber ich weiß nicht, ob er das schon schafft.
Also
habe ich erst einen Termin für nächste Woche gemacht
und
der Tierarzt schickt mir vorab das Rezept für die Apotheke.
Sobald
ich Neuigkeiten vom Tierarzt habe, melde ich mich wieder.
Bis
dahin herzliche Grüße
|

Liebe Frau Arns,
unser Vali ist gestern gestorben. Seit einer Woche hat er nicht mehr
gefressen, also auch seine Medikamente nicht genommen (zwischenzeitlich
mußte er 12 Tabletten jeden Tag schlucken und hat das auch anstandslos
gemacht), am Freitag wollte er nicht mehr aufstehen und hat auch kein
Wasser mehr genommen.
Er und ich haben die Nacht von Freitag auf Samstag im Garten verbracht,
er hat sich nicht zurückgezogen, ich konnte ihm nochmals stundenlang
erklären, wie sehr wir ihn geliebt haben. Er war ganz sanft, ganz ruhig.
Gegen Morgen richtete er seinen Blick nicht mehr auf mich, sondern
irgendwo in sehr weite Fernen.
Mein Mann hat ihn um 7 ins Auto getragen, die Tierärztin kam ans Auto
und innerhalb von Sekunden hat sein armes, schwaches Herz aufgehört zu
schlagen.
Wir haben im Garten alle blühenden Rosen abgeschnitten, dann sind wir in
den Odenwald auf die Jagd meines Vaters gefahren. Mein Mann und
Christian haben ein tiefes Grab gegraben, wir haben Vali mit seinem
Lieblingsfell und vielen Blumen am Rande des Waldes begraben. Christian
sagte, den Platz hätte er sich hundertprozentig selbst auch ausgesucht.
Vali war der komplizierteste, skeptischste Hund, den wir je hatten. Ein
Doktorand der Uni München wollte seine Doktorarbeit über ihn schreiben,
weil er vermutete, der Hund sei depressiv. War er nicht, er hatte
einfach nur Schreckliches erlebt. Wir sind froh, daß er auf seine
zurückhaltende Art uns immer öfter gezeigt hat, wie gern er bei uns ist.
Wir haben ihn zu nichts gezwungen - und wenn er den ganzen Tag vor dem
Haus sitzen und auf den Briefträger warten wollte, um ihn dann
anzubellen - dann durfte er das. Er hatte manchmal Lust; alleine
spazieren zu gehen, und er kam zuverlässig immer wieder heim.
Wir vermissen ihn schrecklich und heulen uns die Augen aus - und sind
doch froh, daß er von seinen vielen körperlichen Leiden erlöst ist.
Ich werde nächste Woche eine kleine Spende nach Spanien überweisen und
danke Ihnen von Herzen, daß Sie uns Valent damals überlassen haben. Wer
weiß, vielleicht begegnen wir uns irgendwann wieder.
Herzliche Grüße
Ihre Anja P.






Valent nach drei
Wochen guter Pflege bei Imma


Valent teilt alles
gerne, ob mit Katen oder mit Hunden
Valent:
Valent wurde
tot aufgefunden, zumindestens dachte die ältere Frau das. Er atmete nicht
mehr, war völlig verfrohren und steif wie ein Brett.
Valent ist ein
sehr sehr lieber anhänglicher Rüde, der ausgesetzt an einer Kette an einen
Weg im Feld, abseits von Manresa wie tot gefunden wurde. Es war mehrere
Grade unter Null und der Hund lag da wie tot, steif und verfrohren.
Eine ältere
hundeliebende Frau fand ihn so. Valent hatte kein Wasser und kein Futter,
keinen Schutz gegen die Kälte. Er war sich und seinem sicheren Tode
überlassen, der ihn gerade einzuholen drohte. Die Frau schleppte die halbe
Hundeleiche zu ihrem Auto, rief Imma an und beide fuhren mit dem armen
gequälten Hund sofort zum Tierarzt. Dieser stellte einen Schock, vor Kälte,
Hunger, Einsamkeit fest, legte ihn an den Tropf und machte den beiden
Frauen keine Hoffnung, dass er die Nacht überleben würde.
Doch ein Wunder
geschah, denn Valent wollte leben, und am nächsten morgen ging es ihm
relativ gut und alle freuten sich sehr. Der Tierarzt stellte bei dem
verfrohrenen und verhungerten Hund Leismanisose fest, die jedoch keine
inneren Schäden an den Organen bewirkt hat und mit der Valent alt werden
kann. Er wurde darauf behandelt und die Medikamente sind so gut
angeschlagen, dass nun beim zweiten Test überhaupt keine Leismaniose mehr
festgestellt werden konnte. Soetwas kommt sehr selten vor, aber Valent
kann als geheilt angesehen werden. Selbst der Tierarzt war verblüfft. Der
Test wird zur Sicherheit in drei Monaten wiederholt, aber Valent geht es
mittlerweile körperlich blendend.
Imma nahm ihn
zu sich nach Hause und musste feststellen, was für ein lieber dankbarer
Hund er ist. Er ist verträglich mit Rüden, Hündinnen und Katzen, mag
Menschen, freut sich über alles und nach drei Wochen aufpäppeln, ist er
ein richtig neuer Hund geworden. Und schön ist er ...
Sein magerer
geschundener Körper erholt sich gerade wie sein geschundener Geist. Er
hatte viele offene Stellen die verheilen, sein Rute ist abgewetzt, sein
Fell wächst. Sein Gesichtsausdruck ist ein anderer geworden. Noch siehr er
sehr "gammelig" aus, aber jeden Tag macht er Fortschritte, war er doch so
gut wie tot.

Valent beim Tierarzt,
am 2. Tag

Valent beim Tierarzt,
am 2. Tag, ein Wunder für Imma

Valent am 3. Tag, in
Immas Wohnung, ein Wunder für ihn
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